Die Mähr des Meeresspiegelanstiegs


Published by Lutz on January 28th, 2019 1:55am. 90 views.



Klima: Mit Relotius unter dem Meeresspiegel

Zwanzig Jahre ist es inzwischen her, dass der WWF Deutschland mich bat, für ein voluminöses Coffeetable-Buch („Zu neuen Ufern“) einen langen Essay über die untergehenden Inseln der Südsee zu schreiben. Ich war guter Dinge, genügend Beispiele und Berichte zu finden darüber, wie sehr der Pazifik bereits an den so flachen Atollen nagt, gewiss auch über bereits verlassene Ortschaften oder Inseln. Man hörte ja so Vieles, so Schlimmes über den Meeresspiegelanstieg wegen des menschengemachten Klimawandels.

Internet, Emails oder gar Skype-Telefone waren zu der Zeit noch nicht so ausgeprägt. Doch schon die ausführliche Telefonrecherche kreuz und quer durch Polynesien, Gespräche also mit potenziell Betroffenen und ja doch wohl an Öffentlichkeit interessierten Quellen zeigten mir: Es gab da nichts. Null, keine Insel, keine Ortschaft, kein Haus war vom steigenden Meeresspiegel verschluckt. Abgesehen von üblicher Erosion am Strand, verstärkt durch frevelhaften Sand- und Kiesabbau für neue Häuser. Ich war enttäuscht.

Der Weltuntergang war also doch ausgefallen. Noch. Und entsprechend fiel dann auch die Geschichte aus: Ich verlegte mich auf Warnungen, dass man wachsam sein müsse, dass der Meeresspiegel irgendwann in fernerer Zukunft mal die ersten Inseln überschwemmen könnte, ich zitierte Experten und eine Reihe von Bewohnern, schrieb auf, was sie mir über ihre Situation erzählten. Ansonsten half ich mir mit literarisch-historischen Quellen: Stevenson, Jack London, Melville, die allesamt von der schon immer gegebenen Verletzlichkeit flacher Ozeaninseln berichteten, auch von ihrem Verschwinden in vergangenen Jahrhunderten. Die Geschichte wurde trotzdem gedruckt, ich meine, sie war gelungen, auch so, ohne Weltuntergang.

Als hätte der Herrgott selbst die Wellen geführt

Und dennoch: Was hätte ich damals dafür gegeben, eine solche Situation schildern zu können, wie sie der Spiegel-Reporter Claas Relotius vor wenigen Wochen vorgefunden hatte, offenbar vor Ort, in der Südsee. Was er alles zu schreiben vermochte über drei Orte, die im Inselstaat Kiribati seit Jahrhunderten auch noch europäische Namen trugen – und jetzt tatsächlich untergegangen sind. Da passte einfach alles, fast zu schön, um wahr zu sein. Beneidenswert.

In der langen Titelgeschichte des Spiegel am 1. Dezember 2018 konnte man über diese drei Orte auf dem Atoll Kiritimati, das zu Kiribati gehört, dies hier lesen:

„Und jetzt standen London, Paris, Polen zur Hälfte unter Wasser. Wellen erhoben sich auf der einen Strandseite und fielen, so wenig Land war übrig, auf der anderen wieder ins Meer. Die Seedeiche, die Wellenbrecher aus Mangroven und die Schutzmauern aus Beton hatten nicht gehalten, die Bewohner hatten ihre Häuser aufgegeben und ihre Heimat dem Ozean überlassen: London, Paris und Polen sind untergegangen“.

Dramaturgisch hingeführt auf diese Untergangsszene hatte Relotius noch mit einer anrührenden Anekdote:

„Vor ein paar Wochen stieg Ioane Teitiota, Bewohner der Inselrepublik Kiribati, eines der entlegensten Staaten der Erde, in ein Fischerboot und fuhr gemeinsam mit sechs anderen Männern zum Verwandtenbesuch nach London, Paris und Polen. Die Überfahrt dauerte acht Tage. Als sie ankamen, waren London, Paris und Polen so gut wie menschenleer.“

Auf jenen Teitiota werden wir hier noch zurückkommen. Doch zunächst mal sind wir ja doch vom Hocker gerissen von dieser Symbolkraft. Auch noch die europäischen Namen Paris, London, Polen, ein Menetekel dafür, was mit den beiden Millionen-Metropolen und dem gesamten ostmitteleuropäischen Land, mit uns allen dereinst geschehen wird, wenn die Menschheit nicht innehält. Deshalb die ständige Wiederholung: London, Paris, Polen. Als hätte der Herrgott selbst die Wellen über genau diese Ortschaften geführt, nur um Relotius zu leiten und die Spiegelleser in den fernen, für all dies verantwortlichen Ländern wachzurütteln.

Leider war nichts davon wahr, alles erstunken und erlogen. Der Spiegel-Reporter selbst war es, der da Herrgott gespielt hatte.

Der Spiegel setzt die große Lüge vom Weltuntergang fort

Nun weiß man ja, dass die Spiegel-Chefredaktion derzeit sich selbst als großen Aufklärer des Relotius-Skandals feiert. Die Redaktion hat jetzt auch zugegeben: Die Geschichte war erfunden. Und doch setzt der Spiegel auch hier wieder die große Lüge vom Weltuntergang fort, im Endeffekt durch Suggestion, jedenfalls durch besonders geschickte – oder besonders fahrlässige Wortwahl. Der Spiegel kann es nicht lassen. Immer noch nicht.

Der Spiegel schrieb: „Relotius behauptet im Text unter anderem, die drei Orte London, Polen und Paris auf dem Atoll Kiritimati seien überschwemmt und ‚so gut wie menschenleer‘. Als Siedlung aufgegeben wurde jedoch nur Paris – Polen und London sind nach wie vor bewohnt. London ist mit fast 2000 Einwohnern sogar die zweitgrößte Stadt des Atolls.“ Klingt ehrlich, suggeriert aber in diesem Zusammenhang nahezu zwingend, dass immerhin eine Siedlung wegen des Meeresspiegelanstiegs aufgegeben wurde, Paris nämlich. Wieder falsch.

Es ist schon erstaunlich, wie rotzfrech – oder sträflich nachlässig – der Spiegel jeden Hinweis darauf unterlässt, dass es kein einziges Anzeichen darauf gibt, dass „Paris“ wegen des steigenden Meeresspiegels verlassen wurde. Untergegangen ist es jedenfalls nicht. Dieses Video hier zeigt einen Ausflug von Freizeitseglern, die die Stelle, an dem einst dieser heute verlassene Ort stand, besuchten, um dort Fische zu grillen. Dabei fällt nicht nur auf, dass das Atoll an der Stelle so hoch liegt wie zehntausende andere, nach wie vor fröhlich bewohnte Atolle im gesamten Pazifik. Noch erstaunlicher ist es, dass hier nirgendwo irgendwelche Überreste einer früheren Siedlung zu sehen sind. Wann wurde jenes Paris eigentlich verlassen?

Offenbar geschah dies schon vor geraumer Zeit. So lange her ist es, dass man wohl nur noch Vermutungen anstellen kann. Der Autor des Wikipedia-Eintrags über „Paris, Kiribati“ geht jedenfalls davon aus, dass Paris aller Wahrscheinlichkeit irgendwann wegen eines fehlenden nahen Ankerplatzes in der Lagune aufgegeben worden war. Andere Hinweise gibt es nicht. Die Bewohner seien wohl alle ins nahe „London“ gezogen, auf gleicher Höhe. Darauf nicht hingewiesen zu haben, zeigt: Der Spiegel ist so offenbar bemüht, wenigstens das inhaltliche Anliegen von Relotius als richtig dastehen zu lassen. Dabei war es genauso falsch wie seine Methode. Der innere Kompass, den Relotius beim Spiegel erworben hatte, ihn wollte man ‚auf Richtung‘ belassen.

Der Spiegel muss nun auch eingestehen, dass Relotius gar nicht in der Südsee gewesen sei. Er kam nur bis nach Los Angeles, „den gebuchten Weiterflug nach Kiribati hat er jedoch nicht angetreten. Die Motelbuchung für Kiribati hatte Relotius kurzfristig per Mail storniert, es gab zu diesem Zeitpunkt auch keinen direkten Kontakt zu ihm.“

Wie gut für Relotius, dass er nicht zu erreichen war. Womöglich hätte er ansonsten einen Anruf von einem Spiegel-Dokumentar erhalten, der vielleicht auch schon mal auf dem einen oder anderen Pazifik-Atoll war. „Mangroven“ – da hätte sich zumindest eine Nachfrage gelohnt, die sind ozeanseitig auf den Atollringen der Region nämlich lange nicht so verbreitet, wie gemeinhin angenommen, dort regiert die Kokospalme. Und wenn der Reporter von „Seedeichen“ schrieb, so mag dies für einen nordsee-affinen Dokumentar in Hamburg plausibel erscheinen, für die Südsee nicht. Wollte man auf den schmalen Atollen regelrechte Seedeiche anlegen, dann bliebe auf den schmalen Streifen aus Korallenkies zum Leben noch weniger Land übrig, als Relotius in seiner Ferndiagnose ja festgestellt haben wollte. Und „Schutzmauern aus Beton“? Auf den Atollen? Es gibt nichts, was es nicht gibt, aber ich hätte da schon mal angerufen. 

Doch darum geht es mir eigentlich gar nicht, längst nicht allein um die Spiegel-Dokumentation. Denn was den Inselstaat Kiribati angeht und seinen angeblichen Untergang, da kann man fast die gesamte deutsche – und soweit zu überschauen auch die internationale – Presse in einen Topf werfen. Und hier kommen wir gleich auch wieder auf jenen Herrn Teitiota zurück.

Kiribati: Die Inseln wachsen, statt unterzugehen

Kaum ein Land eignet sich besser als Kiribati (übrigens „Kiribas“ ausgesprochen), um den Untergang der Inselwelt zu thematisieren. Er ist, wenn wir die Seefläche mitzählen, einer der größten Staaten der Welt, und was die reine Landfläche angeht, einer der kleinsten. Es wohnen – deshalb sehr weit verstreut – nur gut 100.000 Menschen dort. Die Inselwelt besteht fast nur aus flachen Atollen. Und, das tollste: Er ist sehr weit weg, kaum jemand war schon mal da, und kennt man auch kaum jemand, der einen kennt… Es ist mithin eine Parallelwelt, über die man nach Belieben Behauptungen aufstellen kann. Eine Stichprobe bei google („Kiribati Untergang“) zeigt dies deutlich genug.

So nahm es auch nicht wunder, als die gesamte gutmeinende Presse vor fünf, sechs Jahren zur Kenntnis nahm, dass jener Ioane Teitiota – wohnhaft auf dem Tarawa-Atoll in Kiribati – beantragte, als erster Umweltflüchtling der Welt anerkannt zu werden. Unter Berufung auf die UN-Flüchtlingskonvention wollte er in Neuseeland Asyl erhalten. Sein Land sei auf die Dauer nicht mehr bewohnbar, einige Regionen seien bereits unbewohnbar, wegen des steigenden Meeresspiegels. Der Klimawandel sei schuld.

Kleine Nebenbemerkung: Wenn man Relotius hätte glauben wollen, dann hätte ja ausgerechnet dieser Herr Teitiota das alles eigentlich gar nicht mitbekommen. Er war doch (siehe oben) völlig überrascht, als er nach „acht Tagen“ Überfahrt mit seinem „Fischerboot“ plötzlich merkte, dass „Paris“ untergegangen ist. Was für ein Zufall also – und wie daneben –, dass der Herr Relotius ausgerechnet auf diesen Herrn Teitiota als Protagonist gestoßen war. Aber sich selbst einen Namen aus Kiribati ausdenken, schien ihm wohl einfach zu riskant, die Schreibweise, und so weiter... Wie gut, dass da der Herr Teitiota bei google so oft vorkam, wegen seines Prozesses, der überall auf Sympathie gestoßen war, den kann man nehmen, dachte sich da wohl der Herr Relotius. Er meinte es ja auch nur gut mit ihm. Dass die Spiegel-Dok den Namen Teitiota mal kurz googeln könnte, diese Gefahr war offenbar nicht zu befürchten.

So oder so: Der Richter in Neuseeland lehnte Teitiotas Begehr ab. Aus formalen Gründen. Dabei hätte er dafür auch gute sachliche Gründe gehabt. Und damit zum eigentlichen Thema: Die Inseln von Kiribati gehen gar nicht unter, sie wachsen eher deutlich oder bleiben gleich groß.

Seit Millionen Jahren mit dem Meeresspiegel wachsen und schrumpfen

Die beiden Geowissenschaftler Arthur P. Webb und Paul S. Kench aus Neuseeland und Fidschi haben vor Jahren in einer aufsehenerregenden Studie festgestellt, dass von 27 kiribatischen Inseln im zentralen Pazifik in den letzten drei bis fünf Jahrzehnten nur ein geringer Anteil überhaupt Land ans Meer verlor, nämlich 14 Prozent (hier die Zusammenfassung). Ein Vergleich von Luftbildern von damals und heute waren der untrügliche Beweis: Bei 43 Prozent der Inseln sei die Landfläche stabil, bei ebenfalls 43 Prozent sogar deutlich gewachsen.

Teitiota ist nicht der erste Polynesier, der mit dem Argument eines steigenden Meeresspiegels das Aufenthaltsrecht in einem anderen Land begehrte. Zuvor schon hatte sich der australische Flüchtlingsrat bei seiner Regierung dafür stark gemacht, sie möge Klimaflüchtlinge als eine neue Kategorie von Asylbewerbern offiziell einführen und anerkennen. Als Protagonisten präsentierte der Rat Toani Benson, ebenfalls Einwohner von Kiribati. Er wohnt auf der Insel Betio, die zu Tarawa, dem Hauptatoll des Staates, gehört und wurde auf Fotos öffentlichkeitswirksam bis zu den Knien im Wasser präsentiert.

Mal abgesehen von dieser reichlich überplakativen bis falschen Inszenierung: In seiner Heimat können sie Benson dabei kaum fotografiert haben. Betio zählt nämlich zu den Inseln, die deutlich gewachsen sind. Und das gilt auch für das gesamte Atoll, Tarawa – der Heimat jener Allzweckwaffe in Sachen Untergang, Ioana Teitiota. Übrigens: Auch Kiritimati geht nicht unter, obwohl es doch so schön gewesen wäre, mit „Paris“, „London“ und „Polen“. Es hilft aber nichts: Kiritimati gilt „als ein sich im „Heben“ befindliches Atoll“. Wie eben viele andere Südseeatolle, die seit Millionen Jahren mit dem Meeresspiegel nach oben oder unten mitwandern, durch das Korallenwachstum, durch Ablagerungen, Anschwemmungen. Nach wie vor, zuletzt dokumentiert durch Luftbilder.

Wozu also der ganze Zauber? Natürlich wird der Untergang in Szenen gesetzt, um die Dramatisierung voranzutreiben, im Klimazirkus, bei der UN, in der Wissenschaft, in der Zivilgesellschaft der unzähligen NGOs, bei denen sicher eine Reihe zusätzlicher Etats, Spenden und Planstellen anstehen, wenn erst der erste Klimaflüchtling als solcher amtlich anerkannt ist und die entsprechende Bürokratie aufgebaut wird.

Aus den betroffenen Inselstaaten dürfte – auch wenn sie größer werden und steigen – zu allerletzt Entwarnung kommen. Die Mitglieder der Alliance of Small Island States (AOSIS) wollen internationale Gelder generieren, um sich Land in anderen Staaten einzukaufen und überhaupt unterstützt zu werden. Kiribati ist übrigens dabei, sich schon mal Liegenschafen in Fidschi zu sichern, 25 Quadratkilometer, für alle Fälle. Auch wieder passend: Weil die Medien hierzulande immer gern plakative Beispiele bieten, würdigten sie während des letzten Klimagipfels in Kattowitz im Dezember einen Staat – nur weil viele Vertreter von ihm da waren – ganz besonders als vom baldigen Untergang betroffen: Fidschi. Wo man aus Kiribati gerade hinziehen will. Egal, Hauptsache der Untergang hat ein Bild. Oder auch zwei, sich widersprechende. Egal. Wen kümmerts? Keinen.

Das tatsächliche Problem: Das Bevölkerungswachstum

Jetzt mal allen (aufgrund der öffentlichen Behandlung des Themas aber auch mal nötigen) Zynismus beiseite geschoben: Die Südseeatolle haben große Probleme, keine Frage. Immer dann, wenn man sich in der Diskussion soweit vorgearbeitet hat, dass der tatsächliche Untergang in Wahrheit erst einmal nicht ansteht, kommen die – tatsächlich – versalzenden Trinkwasserreserven zur Sprache, quasi als Vorboten des Untergangs, weil das Salzwasser in die Brunnen eindringt. Dass das allerdings in erster Linie durch den Meeresspiegelanstieg geschieht, ist stark zu bezweifeln. Schließlich steigen die – oder: viele – Inseln ja mit.

Unumstritten ist allerdings das äußerst problematische Bevölkerungswachstum auf den Inseln, deren Tragfähigkeit dadurch fast überall längst überrissen ist. Entsprechend steigt die Wasserentnahme, und wo das vorhandene Süßwasser aus dem Regen zu schnell verschwindet, dort drückt das Salzwasser nach. Insofern ist die Überlegung von Umsiedlungen gar nicht mal ganz verkehrt.

All diese Probleme gilt es anzupacken. Aber nicht mit den falschen Argumenten und falschen Etikettierungen („Klimaflüchtling“). Schon gar nicht mit erlogenen Geschichten in großen Nachrichtenmagazinen. Und in vielen anderen Zeitungen auch, die nur allzu gern gegenseitig voneinander abschreiben – Stichwort: Kiribati.

Quelle: http://bit.ly/2HxzuNz



Der Fidschi-Report: Schnorchelkurs für Barbara Hendricks

Hoffentlich komme ich nicht zu spät. Ich wollte schon immer mal nach Fidschi. Auf den Spuren von Gaugin, der Ende 1890 über die Südsee schrieb: „Die glücklichen Bewohner eines unbeachteten Paradieses in Ozeanien kennen vom Leben nichts anderes als seine Süße. Für sie heißt Leben Singen und Lieben.“ Stattdessen muss ich jetzt in der Süddeutschen Zeitung vom Untergang der letzten Paradiese lesen: „Da stehen Menschen in ihren Wohnzimmern zum Teil bis zu den Knöcheln im Wasser, wenn sie morgens aufstehen“, berichtet in dem Blatt ein Entwicklungshelfer der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) über die Insel Ono. Die Lage sei dramatisch: „Ein ganzes Dorf soll deshalb umgesiedelt werden.“

Die Süddeutsche sieht bereits eine Katastrophe globalen Ausmaßes: „Bei insgesamt 106 bewohnten Inseln dürfte das erst der Anfang sein, die Regierung arbeitet bereits an einem Umsiedlungsplan, der auf der Klima-Konferenz in Bonn vorgestellt werden soll.“ Deo Saran, Fidschis Sondergesandter für den Klimaschutz, wisse: „Viele Inseln sind schon verloren.“ Und die Süddeutsche assistiert: „Den gut 1200 Kilometer entfernten Nachbarn in Samoa hat seine Regierung sogar schon Klimaasyl angeboten: Dort sind die Auswirkungen noch spürbarer als auf den Fidschi-Inseln.“ Auch die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks weiß Bescheid: „Mit Fidschi leitet erstmals ein Mitglied jener Staatengruppe den Weltklimagipfel, die vom Klimawandel in besonders akuter Weise betroffen ist.“

Ja, da muss man doch was tun! Auf der Suche nach Hilfe für die Dorfbewohner bin ich sofort auf die Website der internationalen Fluchthelfer „tripadvisor“ gegangen und habe zunächst mal auf Ono nach geeigneten Not-Unterkünften gesucht. Empfehlen kann ich das  Mai Dive Astrolabe Reef Resort, es liegt gleich um die Ecke direkt am Strand, kleiner Fußmarsch für die Flutopfer von nebenan. Auf der Homepage des Hotels heißt es: „You can take it easy. Relax on our beach, an environment that is medicine for your sole.“ Ono hat sieben Dörfer und gerade mal fünf Kilometer Durchmesser, die höchste Erhebung ist immerhin 354 Meter über dem Meeresspiegel (viele der Fidschi Inseln sind vulkanischen Ursprungs). „Auf den beiden großen Inseln liegen zerklüftete Gebirgsketten, die sich über schmalen Küstenebenen und vorgelagerten Korallenriffen erheben,“ beschreibt Wikipedia die Geographie Fidschis. Der höchste Berg ist 1324 Meter hoch. Uff, es kann also noch ein paar tausend Jahre dauern mit dem Untergang. Ich werde die Paradiese also doch noch sehen, im gleichen Licht wie Gaugin. 

Die Tourismusbranche hat den Untergang nicht mitgekriegt

Es gibt offenbar eine gewisse Diskrepanz zwischen der regierungsamtlichen Schilderung und derjenigen der örtlichen Tourismus-Branche. Letztere scheint den Untergang des Eilands bislang nicht bemerkt zu haben, die Gäste auch nicht, denn die meisten Läden sind ausgebucht. Und von Beschwerden ist nichts bekannt, trotz 200 Euro pro Nacht aufwärts. In einer Bewertung eines Gastes heißt es aufmunternd und auf Deutsch: „Ich empfehle dieses Abenteuer sehr für Familien mit Kindern.“

Den Fachleuten des Umweltministeriums kann ich Tripadvisor für die nächste Minister-Vorlage zum Thema Fidschi nur wärmstens empfehlen. Möglicherweise würde ein Schnorchelkurs auf Ono den Horizont der deutschen Umweltministerin erweitern. Falls das nicht luxuriös genug ist, gibt es auf Fidschi noch hunderte andere wunderbare Strand-Unterkünfte, an denen der akute Meeresspiegel-Anstieg auf mysteriöse Weise vorüber geht, mein Favorit ist der hier.  Das wäre sicherlich „medicine for Barbara Hendricks sole“ und fürs Klima deutlich weniger schädlich, als wenn die halbe Welt auf Spesen nach Bonn fliegt, um klimamäßig einen drauf zu machen. Denn dort beginnen am Montag die großen Klimafestspiele unter dem Motto „Karneval ohne Grenzen“. Die Feierlichkeiten werden mit Festumzügen, Rathauserstürmungen und dem ausgelassenen Treiben der Jecken auf den Straßen und in den Kneipen begangen. Den Höhepunkt der Session bildet morgen der große Montagsumzug in der Innenstadt.

Möglicherweise hängt die Aufregung um das Abtauchen der Südsee also gar nicht mit der Südsee zusammen, sondern mit der Klimakonferenz. Die Tage und Wochen vor einer solchen Veranstaltung sind stets von anschwellendem Alarm-Pegel gekennzeichnet, der aus einer Schwemme von düsteren Studien besteht, die von garantiert unabhängigen Wissenschaftlern rein zufällig so termingerecht gebacken werden, wie die Brötchen fürs Frühstückbüffet im Bonner Hilton. „Der größte Weltklimagipfel aller Zeiten“ (FAZ), kurz  GröWaz, sichert eindrucksvoll die Stellung Deutschlands als führende Exportnation von Weltuntergangs-Szenarien.

Beim Untergang der Südsee handelt es sich gewissermaßen um ein in unregelmässigen Abständen wiederkehrendes Phänomen, so ähnlich wie die warme Meeresströmung El Niño („Das Christkind“). Während El Niño die Menschheit meist so um Weihnachten heimsucht, gehen die Südsee-Inseln stets vor Klimakonferenzen unter, tauchen dann aber wieder auf.  Vor der Klimakonferenz in Doha 2012 und der Klimakonferenz in Lima 2014 versanken sie im deutschen Medienwald bereits in gleichlautenden Worten, etwa auf Focus Online („Massenmigration wegen steigenden Meeresspiegels“) und  ZEIT ONLINE ( „Vor dem Untergang“). Zwischenzeitlich erhoben sie sich dann wieder aus den Fluten, auch dieses Mal müssen die Südseeinseln wieder auftauchen, um dann pünktlich 2018 zur nächsten Kilmakonferenz im polnischen Kattowitz wieder untergehen zu können.

Herrn Tongs Gespür für Kohle

In diesem Jahr sind die Kappensitzungen auch deshalb von großer dramaturgischer Bedeutung, weil der Gipfel zwar in Bonn stattfindet, Fidschi aber der Gastgeber der Klimafestspiele ist. Südsee-Politiker haben den Klimawandel längst als Goldesel entdeckt und können damit wunderbar von selbst verursachten Problemen ablenken. Das trifft sich mit der ideologischen Agenda von westlicher Depressionisten, die der Industriegesellschaft an den Kragen wollen. Koste es, was es wolle.

Die Rechnung fürs Bankett zahlt deshalb, klar doch, Berlin, es ist von vorsichtig geschätzten 117 Millionen Euro Steuergeldern die Rede. Hinzu kommen noch – zur Unterstützung der Präsidentschaft von Fidschi – rund sieben Millionen Euro aus dem Haushalt des Entwicklungsministeriums.

Wollen Sie, dass wir zu Ihnen kommen?" drohte Anote Tong Präsident der Inselstaates Kiribati schon 2015, ein echtes PR-Talent (und in Bonn tönt es im Refrain: Wolle mer se reinlasse?). Mal verlegen die Herrschaften aus der Südsee eine Kabinettsitzung unter Wasser, mal jetten sie erster Klasse um die halbe Welt und sehen sich vor laufenden Kameras die kalbenden Gletscher in Grönland an, sie sind also immer genau da, wo sie gebraucht werden. Mit Herrn Tongs Frage deutet sich bereits der nächste Plot an, der in deutschen Weltretter-Kreisen sicherlich dankbar aufgenommen wird. Künftigen Asylsuchenden kann ich nur den Rat geben, ihren Pass wegzuwerfen und in einfacher Sprache die beiden Worte  „Ich Fidschi“ auszusprechen. Der Klimaflüchtling erlaubt die Fortsetzung der bisherigen Politik aus anderen Gründen, ist das nicht wunderbar? 

Ansonsten steht eher zu befürchten, dass nicht Fidschi, sondern Bonn landunter geht (nur 60 Meter über dem Meeresspiegel!). „Klimagipfel bringt Bonn an Grenzen“, berichtet die online-Ausgabe der „Rheinischen Post“, denn bis zu 30.000 Klimatiker aus aller Welt werden sich zu diesem Konzil vom 6. bis 17. November an den stoischen Ufern des Rheins treffen. Es ist im übrigen ein kleines Wunder, dass dies überhaupt möglich ist. Schließlich sah DER SPIEGEL doch auf seinem Cover schon 1986 voraus, dass der Kölner Dom demnächst im Meer versinken werde. Erstaunlicherweise hat der Dom immer noch keine nassen Füße.

Hinweis auf die Faktenlage als olympisches Unterfangen

Ein Hinweis auf die Faktenlage ist in diesen Angelegenheiten nur noch von begrenzter Wirkung, der Versuch ist aber olympisch. Oder mit Albert Camus gesprochen: „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen, der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen.“

„Es gibt neue Nachrichten von den untergehenden Inseln: Sie gehen nicht unter“, schrieb Achse-Autor Ulli Kulke schon 2014 hier. Von einem generellen dramatischen Anstieg des Meeresspiegels in der Südsee kann keine Rede sein. Viele Inseln wachsen sogar. Des Rätsels Lösung ist nach Angaben von Forschern das Material, aus dem die Inseln bestehen. Viele setzten sich aus Korallentrümmern zusammen, die von den umliegenden Riffen angespült werden. Weil die Korallen lebende Organismen sind, wird immer neues Material produziert. Atolle bestehen aus einst lebendem Material, deshalb wachsen sie beständig.

Die Malediven wuchsen vor 5.000 Jahren auf einem untergetauchten Korallenriff bis über die Wasseroberfläche. Seitdem ist der Meeresspiegel bereits um zweieinhalb Meter gestiegen, ohne dass die Inseln verschwunden wären. Sie wachsen einfach mit. Zwar gibt es an manchen Inseln an den Küsten durchaus Schäden, Erosion sowie die Versalzung von Trinkwasser-Reservoiren.

Dies ist aber menschlichen Eingriffen geschuldet. Etwa der Entnahme von Sand für den Hausbau (oder für den von Touristen-Ressorts), unbedachter Straßenbau oder auch der Vernachlässigung von Deichen und anderen Schutzbauten. Hinzu kommt das rasche Bevölkerungswachstum, das zahlreiche soziale Probleme erzeugt. Auch auf Fidschi wurden über Generationen hinweg Mangrovenwälder an der Küste abgeholzt - um damit zu heizen, zu kochen, zu bauen. Vielerorts löst sich der Sandboden jetzt auf wie Strickzeug, aus dem jemand die Nadeln gerissen hat. Nichts mehr hält das Wasser auf.

Ein anderer Klassiker der Weltuntergangsliteratur, der dieser Tage wieder aus der Gruft aufsteigt, lautet: „Luft so verpestet wie seit 800.000 Jahren nicht mehr“. Das war schon vor fast zehn Jahren eine Top News „C02-Konzentration auf Höchststand seit 800.000 Jahren“, macht sich aber immer wieder gut als letzter Alarmisten-Schrei. Die Aussage „Luft so verpestet wie seit 800 000 Jahren nicht mehr“ deutet im übrigen tatsächlich auf einen Notstand hin: In deutschen Schulen fallen offenbar zu viele Biologiestunden aus.

Ohne Kohlendioxid nix Möhre und schon gar nix Banane

Kohlendioxid verpestet mitnichten die Luft (und hat auch nichts mit Smog zu tun), sondern ist ein natürlicher Bestandteil derselben. Simpel erklärt wandeln Pflanzen mit Hilfe der Photosynthese und der Nutzung des Sonnenlichts energiearme Stoffe, in diesem Fall Kohlenstoff und Wasser, in energiereiche Stoffe um. Für fast alle Lebensformen dieses Planeten ist Kohlendioxid unentbehrlich. Auch dieser Umstand sei hier noch einmal in einfacher Sprache formuliert, besonders für Veganer und Vegetarier: Ohne Kohlendioxid nix Möhre und schon gar nix Banane (die kommt ja mit dem Schiff).

„Künftige Generationen erben einen deutlich unwirtlicheren Planeten“, sagt WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. Da drängt sich natürlich auch die Frage auf, wie die Menschheit, die ja immerhin mindestens zwei Millionen Jahre auf dem Buckel hat (die gesamte Entwicklungsgeschichte des Hominiden umfasst sogar 15 Millionen Jahre), die Zeit vor 800.000 Jahren ohne UN-Klimasekretariat überleben konnte.

Sie hat wärmere und kältere Zeiten, Zeiten mit mehr und weniger Kohlendioxid in der Luft als heute weggesteckt. Besonders übel waren übrigens die Kaltzeiten. Genetische Analysen legen nach Ansicht von Molekularbiologen nahe, dass die Zahl unserer frühen Vorfahren während der letzten Eiszeit des Pleistozän um 90 Prozent auf nur etwa 10.000 Urmenschen zurückgegangen sein könnte (vor etwa 100.000 Jahren). Ja wie hätten sie es denn gerne bei der WMO? Die Aussage „Unsere Zeit ist nun die wärmste in der Geschichte der modernen Zivilisation“, sagt für sich genommen zunächst mal gar nichts. Derzeit leben auf dem Planeten gut 7,5 Milliarden Erdenbewohner, seit 1900 – also dem Beginn der Industrialisierung – sind 6 Milliarden hinzugekommen. So lebensfeindlich scheint unsere Klima-Epoche also nicht zu sein. Den Klimarettern, die mitunter ja sogar Babies als Klimaschädlinge besteuern wollen, wären bloße 10.000 Menschen natürlich lieber, vorausgesetzt es handelt sich dabei um die Klimagipfel-Delegierten.

Die Lastwagenladungen voll wissenschaftlicher Klima-Studien, die den verängstigten Bürger unter sich begraben, sind mittlerweile vollkommen selbstreferenziell. Annahmen türmen sich auf Annahmen, Schätzungen auf Schätzungen, Hochrechnungen auf Hochrechnungen. Nur im zentralen entscheidenden Punkt, auf dem das ganze provisorische Gebäude aufbaut, ist man nicht viel weiter gekommen. Und deshalb spricht auch keiner darüber: Die Rede ist von der sogenannten „Klimaempfindlichkeit“. Sie ist die Schlüsselgröße der gegenwärtigen Treibhaus-Hypothese – und über deren Größenordnung wird nach wie vor heftig gestritten.

Wir lassen uns unsere Klimakatastrophe nicht kaputt machen

Sie gibt an, um wie viel sich die Luft erwärmt, wenn man ihren Kohlendioxidgehalt verdoppelt. Der Wert ergibt sich nun aber nicht aus der Treibhauswirkung des Kohlendioxids allein – die ist nämlich relativ gering. Vielmehr vermutet man eine „positive Rückkopplung“ mit dem Wasserdampf, der mit mindestens zwei Dritteln Anteil das weitaus wichtigste Treibhausgas ist. Die Reaktionskette muss man sich in etwa so vorstellen: Mehr Kohlendioxid führt zu höheren Temperaturen, die wiederum mehr Wasser verdunsten lassen, was die Luft noch weiter erwärmt. Doch um wie viel?

Wie erwähnt, liegen die Schätzungen der Klimasensitivität seit beinahe 30 Jahren im Bereich zwischen 1,5 und 4,5 Grad . Der „Erfinder“ der Treibhausthese, Svante Arrhenius, schätzte sie Anfang des 20. Jahrhunderts auf 5 bis 6 Grad Celsius, war also gar nicht so weit vom heutigen oberen Schätzwert entfernt. Die tatsächliche Temperatur-Entwicklung deutet jedoch auf einen Wert hin, der am unteren Ende der Skala, also bei undramatischen 1 bis 1,5 Grad liegt. Die Schätzungen werdenmit jeder neuen Studie immer geringer.

Auf Nature-Geoscience, einem Fachmagazin, erschien Mitte September eine Studie, in der die Horror-Szenarien des  IPCC von der angeblichen, durch menschliches Zutun zu erwartenden, globalen Erwärmung von bis zu fünf Grad in diesem Jahrhundert zurückgenommen werden mussten. „Wir haben die schnelle Erwärmung nach dem Jahr 2000, die wir in den Modellen sehen, in der Realität nicht beobachten können“, ­sagte Mitautor Myles Allen von der ­University of Oxford.

Dahinter stecken nicht etwa sogenannte Klimaskeptiker. sondern Wissenschaftler, die sich maßgeblich beim Weltklimarat engagieren. Ihr Fazit in einfacher Sprache: Sorry, wir haben uns verrechnet, unsere Klima-Simulationen waren fehlerhaft. Die Menschheit darf – theoretisch – noch viermal mehr CO2 ausstoßen, als bisher geschehen und berechnet, bevor sich die Steigerung der Erdtemperatur (vermutlich) der 1,5 Grad Marke nähert. Keine Rede mehr von fünf Grad und einem unglaublichen Meeresanstieg.

Ihre Erkenntnisse haben sie so gut versteckt wie eine Elster die geklaute Perlenkette. Die Studie heißt: „Emissionsbudget und Emissionspfad vereinbar mit dem Ziel, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen“. Dennoch sind die Kassandras vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung schon ganz aufgebracht. Die wollen sich auf keinen Fall ihre Klima-Katastrophe kaputt machen lassen. Vielleicht sollte Barbara Hendricks sie zum Tauchkurs mitnehmen, damit die Jungs ein bisschen entspannter werden.

Quelle: http://bit.ly/2Seg4RS


 Lutz - Contact Using Spike